Ausstellung „Liberales Hamburg? Homosexuellenverfolgung durch Polizei und Justiz nach 1945“

 Sachverhalt

Der während der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland verschärfte §175 des Strafgesetzbuches stellte alle sexuell interpretierbaren Handlungen unter Männern (vom „geilen Blick“ bis zu „beischlafähnlichen“ Handlungen) unter schwerste Strafen. Viele der aufgrund dieses Artikels verurteilten Männer wurden nach Verbüßung der Strafe in ein Konzentrationslager deportiert und kamen nicht selten durch die dort herrschenden Bedingungen um oder wurden durch homophobe Täter direkt misshandelt und getötet.

Die menschenverachtende Verfolgung von homosexuellen Männern durch Justiz und Polizei aufgrund des §175 hörte nach Ende der faschistischen Diktatur nicht auf. Während andere Verfolgtengruppen entschädigt und rehabilitiert wurden, bestand der Artikel §175 unverändert bis 1969 fort und führte zu einer fortwährenden Stigmatisierung und Ausgrenzung. So hat es über 100.000 strafrechtliche Ermittlungen in der BRD gegeben, woraus ca. 50.000 Verurteilungen erwuchsen.

Den Historikern Gottfried Lorenz und Ulf Bollmann mit ihren aktuellen Forschungsergebnissen ist es zu verdanken, dass in der derzeit im Ziviljustizgebäude gezeigten Ausstellung „Liberales Hamburg? Homosexuellenverfolgung durch Polizei und Justiz nach 1945“ die gesellschaftliche Stigmatisierung der Homosexuellen während der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre in der BRD endlich einer breiteren Öffentlichkeit noch bis zum 1. September vor Augen geführt wird.

Hierbei werden nicht nur lebensgeschichtliche Schicksale und Tragödien beleuchtet, sondern auch die für die Strafverfolgung zuständigen Menschen der Polizei und Justiz, die sich nicht selten schon in der NS-Zeit hervorgetan hatten und ihre Arbeit über das Kriegsende hinaus bis zu Ihrer Pensionierung kontinuierlich fortsetzen konnten. Doch gab es auch gar nicht so wenige progressive Menschen, die Milde walten ließen oder sich aktiv für die Abschaffung des § 175StGB einsetzten.

Die Ausstellung soll nicht nur über die Vergangenheit aufklären, sondern auch in die Gegenwart hineinstrahlen und uns zum Nachdenken anregen, ob wir uns in unserer Gesellschaft wirklich schon vorurteilsfrei und diskriminierungsfrei verhalten und ob gleichgeschlechtlich begehrende Menschen uneingeschränkt gleichberechtigt sind.

Der Hauptausschuss möge beschließen:

1. Die Präsidentin der Bezirksversammlung und der Bezirksamtsleiter werden gebeten, sich dafür einzusetzen, dass die Ausstellung „Liberales Hamburg? Homosexuellenverfolgung durch Polizei und Justiz nach 1945“ zeitnah, z.B. im September oder Oktober, im Foyer des Bezirksamtes öffentlich ausgestellt wird.

2. Das Bezirksamt wird gebeten, für die Ausstellung eine Führung mit den Initiatoren Gottfried Lorenz und Ulf Bollmann anzubieten, in der insbesondere über die Situation an der Universität Hamburg und über die Rolle von Max Zelck, dem früheren Leiter des Jugendamtes in Hamburg, nach dem in Niendorf eine Straße benannt ist, berichtet wird. Zu diesem Termin sollten u.a. gezielt die Vereine und Institutionen im Bezirk Eimsbüttel eingeladen werden, die sich um Stadtteilgeschichte kümmern.

 

Frank Wiedemann und SPD-Fraktion
Stefanie Könnecke und Grüne-Fraktion