Im vergangenen Jahr wurden über eine Million Menschen registriert, die nach Deutschland geflohen sind. Auch wenn in den ersten Monaten dieses Jahres zum Teil saisonbedingt die Flüchtlingszahlen erst einmal deutlich geringer sind, rechnet der Senat für 2016 mit einem weiteren Bedarf an Unterbringungskapazitäten, insbesondere auch um die prekären Plätze in Baumarkt- und Logistikhallen sowie in Zelten abzubauen.
Zwei Flächen an der Schmiedekoppel sollen nun als Standort einer Erstaufnahmeeinrichtung für bis zu 1.800 Personen genutzt werden. Sie wurden von der Behörde für Inneres und Sport bis 2020 gemietet, mit der Option auf Verlängerung. Vorgesehen sind dort zum einen eine Containeranlage und zum anderen mehrere kleine Holzhäuser. Bekannt ist dieses Vorhaben, das zunächst als Notmaßnahme nach § 3 SOG umgesetzt werden sollte, bereits seit vergangenem Jahr. Eine Informationsveranstaltung hat im Dezember 2015 stattgefunden. Da nun ein Bauantrag gestellt worden ist, wird die Bezirksversammlung mit Schreiben vom 14. Juni 2016 erstmalig angehört und kann nach § 28 BezVG Stellung nehmen.
Petitum
Die Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, dem Senat in der Stellungnahme zur Erstaufnahmeeinrichtung an der Schmiedekoppel 29 und 30 mitzuteilen:
1) Die Bezirksversammlung kritisiert, dass ein Anhörungsverfahren bislang nicht durchgeführt worden ist und die Bezirksversammlung Eimsbüttel nunmehr erst nach Abschluss der Bauarbeiten und kurz vor dem geplanten Bezug gem. § 28 BezVG angehört wird.
2) Angesichts der aktuellen Entwicklung der Zahl der Geflüchteten sieht die Bezirksversammlung Eimsbüttel die Notwendigkeit, bestehende prekäre Unterkünfte/Notunterkünfte, bspw. in Hallen abzubauen und angemessenen Ersatz zu schaffen. Vorrangig betrifft dies in Eimsbüttel die Notunterkunft in den ehemaligen Tennishallen an der Papenreye, deren Bewohner dann in die Schmiedekoppel verlegt werden sollten (sofern sie nicht in eine Folgeunterkunft umziehen können). Vor diesem Hintergrund wird das Vorhaben an der Schmiedekoppel unterstützt, aber zugleich auch auf die Häufung von Flüchtlingsunterkünften im Bereich Niendorf/Lokstedt hingewiesen und darum gebeten, dies bei der weiteren Standortsuche mit zu berücksichtigen.
3) Die Sozial- und Freiräume der neuen Einrichtung scheinen für die große Zahl möglicher Bewohnerinnen und Bewohner zu klein bemessen. Insbesondere fehlt es an ausreichend Spiel- und Freiflächen. Es wird daher darum gebeten, mehr Sozialräume am Standort Schmiedekoppel bereitzustellen.
4) Die dortigen Waschräume für Frauen und Männer liegen einander direkt gegenüber. In den jeweiligen Duschbereichen bestehen kaum Möglichkeiten zum Umziehen, so dass es insbesondere den Frauen an Privatsphäre fehlen könnte. Es wird darum gebeten nach Möglichkeit zu suchen, wie die Sanitärbereiche so gestaltet werden können, dass Frauen und Männern einen für sich jeweils geschützteren Bereich haben. Auch wird darum gebeten, die Wege zu den Waschräumen insbesondere bei Dunkelheit ausreichend zu beleuchten.
5) Die Bezirksversammlung erachtet auch für die Standorte von Flüchtlingsunterkünften, die nicht als Unterkünfte mit der Perspektive Wohnen errichtet werden, Begleitmaßnahmen zur sozialräumlichen Integration, wie sie im Bürgerschaftsersuchen an den Senat (Bürgerschaftsdrucksache 21/2550) beschrieben werden, als unumgänglich. Der Senat wird daher aufgefordert, entsprechende Maßnahmen anzustoßen und dem Bezirk ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen zur Umsetzung bereitzustellen. Hierbei sind bei der Planung der Maßnahmen die Anwohnerinnen und Anwohner und die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Unterstützer/innen und wenn möglich stets auch die Geflüchteten zu beteiligen. Die bezirklichen Gremien sind über die Umsetzung zu informieren.
6) Im Umfeld des geplanten Standortes engagieren sich bereits zahlreiche Menschen, um die Geflüchteten, die in Niendorf untergebracht wurden, zu unterstützen. Der Senat wird daher gebeten, weiterhin ausreichend Personalressourcen sowie finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um das freiwillige Engagement zu koordinieren und zu befördern.
Die ev.-luth. Kirchengemeinde Niendorf hat zur Koordination der ehrenamtlichen Hilfe eine Stelle geschaffen, die für die Flüchtlingsarbeit im Stadtteil inzwischen unverzichtbar geworden ist. Leider konnte deren Finanzierung bislang nicht längerfristig gesichert werden. Gerade vor dem Hintergrund der hohen Anzahl von untergebrachten Flüchtlingen in dem Quartier ist eine Fortführung dieser Arbeit aus Sicht der Bezirksversammlung absolut wünschenswert. Daher wird der Senat gebeten, ggf. über die Betreiber der Unterkunft Gespräche mit der Kirchengemeinde aufzunehmen und gemeinsam eine längerfristige Finanzierung zu erarbeiten.
7) Die Kleiderkammer der Initiative „Wir für Niendorf“ versorgt Flüchtlinge in Niendorf mit Kleidung und stellt insbesondere für die Erstaufnahmeeinrichtungen ein wichtiges Angebot dar. Sie wird voraussichtlich auch die Versorgung an der Schmiedekoppel übernehmen, sofern neue Räumlichkeiten für sie gefunden werden. Derzeit nutzt sie übergangsweise Räume der Kirchengemeinde an der Max-Zelck-Straße, muss jedoch bis Ende Juni/Anfang Juli 2016 ausziehen. Eine der Tennishallen an der Papenreye würde sich als neuer Standort anbieten. Die Bezirksversammlung würde es sehr begrüßen, wenn hier in Kooperation mit der Initiative „Wir für Niendorf“ die Kleiderkammer untergebracht werden könnte. Falls das nicht möglich sein sollte, bittet die Bezirksversammlung, dass zeitnah eine andere Lösung für die Kleiderkammer gefunden wird.
8) Da noch nicht feststeht, wie lange der Standort genutzt werden soll, wird die Behörde für Inneres und Sport gebeten, die Bezirksversammlung zu informieren, sobald diesbezüglich neue Erkenntnisse/Pläne vorliegen – spätestens 2019, ein Jahr vor Auslaufen des Mitvertrags.
Jutta Seifert, Wilfried Mahnke, Ines Schwarzarius, Gabor Gottlieb, Ernst Christian Schütt, Charlotte Nendza und SPD-Fraktion
Lisa Kern, Ali Mir Agha und GRÜNE-Fraktion