Stellungnahme zur neuen Unterbringung in der Oldesloer Straße

Infolge der durch den russischen Angriffskrieg ausgelösten dramatischen Entwicklungen in der Ukraine befinden sich mehrere Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, darunter viele Frauen und Kinder, auf der Flucht aus den Kriegsgebieten in Richtung Westen. Es sind in Deutschland allein mehr als 1 Millionen Menschen aus der Ukraine registriert. Ein baldiges Ende des Krieges ist momentan nicht zu erwarten und auch die Zahlen in Hamburg steigen weiter an. Unabhängig davon ist seit einigen Monaten ein stärkerer Zugang von Geflüchteten aus Afghanistan und weiteren Staaten zu verzeichnen.

Die Lenkungsgruppe „Integration öffentlich-rechtlicher Unterbringung (öRU) und Erstaufnahme (EA) in die gesamtstädtische Flächenverwertung und Planung“ hat zwei Zugangsprognosen aufgestellt, die für 2023 einen weiteren Mehrbedarf ermittelt. Um auf diese Entwicklungen vorbereitet zu sein, werden daher derzeit in der gesamten Stadt zusätzliche Standorte zur Unterbringung von Geflüchteten geprüft.

Vor diesem Hintergrund plant die Hamburger Sozialbehörde, im ehemaligen Select Tagungshotel in der Oldesloer Straße 166 in Schnelsen die Inbetriebnahme eines Interimsstandortes zur Unterbringung Schutzsuchender mit rund 240 Plätzen. Aufgrund des barrierefreien Erdgeschosses und des Aufzugs kann auch für besondere Angebote geplant werden. Im Gebäudetrakt mit den Konferenzräumen und dem Gastronomiebereich können weitere Sondernutzungen und Spezialangebote untergebracht werden. Hinzukommend gibt es rund um den Standort des Gebäudes sieben Kindertageseinrichtungen in zumutbarer Entfernung. Mit diesen Kitas und Trägern müssen im Zuge des Vorhabens dringend Gespräche gesucht werden, um die Kindertagesstätten für die Aufnahme von Kindern mit Fluchthintergrund zu sensibilisieren und die Kapazitäten einiger Einrichtungen zu erweitern. In Reichweite von 19 Minuten mittels ÖPNV Anbindung befinden sich zudem zwei weitere Einrichtungen für Geflüchtete.

Gemäß § 28 Satz 1 Nr. 9 BezVG hat die Bezirksversammlung Gelegenheit zur Stellungnahme.

Petitum

Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration hinsichtlich der Inbetriebnahme eines Interimsstandortes zur Unterbringung Schutzsuchender in der Oldesloer Straße 166 folgende Stellungnahme zu übermitteln:

1. Die Bezirksversammlung Eimsbüttel unterstützt ausdrücklich die Anstrengungen des Hamburger Senats, die humanitäre Situation von Geflüchteten sowie Schutzsuchenden zu verbessern und auch künftig ausreichende Kapazitäten zur Unterbringung von Menschen bereitzustellen. Dies gilt nicht nur vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine.

2. Die Bezirksversammlung erwartet im Sinne einer größtmöglichen Transparenz eine aktive und aktuelle Information der anliegenden Bewohnerinnen und Bewohner sowie der anliegenden Betriebe und Unternehmen in einem großen Umkreis hinsichtlich der Planungen für den Standort.

3. Die Bezirksversammlung setzt sich dafür ein, dass vor und während einer möglichen Belegung eine soziale Betreuung und Integration entsprechend der UNICEF-Standards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften (https://www.unicef.de/informieren/materialien/mindeststandards-zum-schutz-von-gefluechteten-menschen/144156) gewährleistet, ein Schutzkonzept für die Unterkunft erarbeitet und dieses der Bezirksversammlung zwei Monate nach Belegung der Unterkunft zur Verfügung gestellt wird.

4. Die Bezirksversammlung spricht sich dafür aus, dass innerhalb und außerhalb der Einrichtung auf eine bedarfsgerechte personelle Ausstattung im Sinne der UNICEF-Standards von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften hingewirkt wird. Es muss zu jeder Zeit sichergestellt sein, dass die Bewohnerinnen und Bewohner Ansprechpartner beider Geschlechter (also auch Ansprechparterinnen) in der Unterkunft antreffen. Gleiches gilt für den Sicherheitsdienst, dieser sollte auch durchgehend mit Sicherheitspersonal beider Geschlechter besetzt sein.

5. In den Einrichtungen sollten darüber hinaus zielgruppenspezifische Angebote vorgehalten werden: Darunter Betreuung, ärztliche Versorgung insb. für Frauen sowie für Mütter und Kinder, Kräfte zur Trauma-Bewältigung, Dolmetsch-Angebote, Sozialarbeit, zur schulischen Betreuung und zur Arbeitsvermittlung sowie Kinderbetreuung soweit es keine externen Angebote gibt.

6. Wie bereits für die Standorte Schmiedekoppel und Am Dänenstein regt die Bezirksversammlung für den Standort Oldesloer Straße 166 eine enge Vernetzung mit dem Traumafolgezentrum CENTRA/Koordinierendes Zentrum für traumatisierte Geflüchtete an. Es soll ein barrierefreier Zugang zu den Angeboten des Zentrums ermöglicht werden.

7. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind in der Mehrzahl neu im Stadtteil und sollen mit Unterstützung von Fördern & Wohnen die Erreichbarkeit und Vielfalt der umliegenden sozialen Infrastruktur kennenlernen.

8. Die Bezirksversammlung weist darauf hin, dass im Umfeld des Standorts Oldesloer Straße 166 eine bedarfsgerechte Infrastruktur erforderlich ist. Insbesondere die soziale Infrastruktur im Stadtteil stößt an die Kapazitätsgrenze. Vor diesem Hintergrund wird es als nötig erachtet, die ansässigen Institutionen zu unterstützen und Beratungsangebote sowie – falls nötig – zeitnah die Infrastruktur bedarfsgerecht zu erweitern.

9. Bereits in den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass das ehrenamtliche Engagement vieler Menschen ein wichtiger Faktor für eine gelingende Unterbringung an den Eimsbütteler Standorten ist. Diese funktionierende Helfer:innen-Community im Stadtteil gilt es zu stärken. Im Sinne einer guten Nachbarschaft hält es die Bezirksversammlung für geboten, die ehrenamtlichen Strukturen in Schnelsen weiter zu fördern und auszubauen. Die Sozialbehörde wird gebeten, die dafür nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen.

10. Nicht nur für Geflüchtete, die darauf angewiesen sind, Kontakt in die Heimat zu halten und die aktuelle Lage zu verfolgen, ist eine ausreichende Internetanbindung unerlässlich. Eine Internetverbindung sollte daher zeitnah und in allen zur Verfügung stehenden Räumen eingerichtet werden.

Koorosh Armi, Dr. Ann-Kathrin Riegel, Gabor Gottlieb, Ines Schwarzarius, Moritz Altner, Dagmar Bahr, Ralf Meiburg, Paulina Reineke-Rügge, Janina Satzer, Ernst Christian Schütt, Torge Urbanski und Saskia Wagner (SPD-Fraktion)