Anfrage nach § 27 BezVG der Mitglieder der Bezirksversammlung Eimsbüttel Jutta Seifert, Wilfried Mahnke, Ines Schwarzarius, Nils Harringa (SPD-Fraktion)
Die Anfrage wird – von der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation – wie folgt beantwortet:
Sachverhalt
Mit der Anbindung des Bereiches Niendorf-Ost/Flughafenrand beschäftigt sich die Kommunalpolitik schon längere Zeit. Bereits Ende 2009/Anfang 2010 war deutlich geworden, dass die ÖPNV-Anbindung insbesondere im nördlichen Teil rund um die Straßen Burgunderweg, Teutonenweg und Rahweg nur unzureichend ist. Für viele ältere Menschen, die in diesem Bereich leben, ist der Fußweg zu den nächstgelegenen Haltestellen der Buslinie 191 am Garstedter Weg nur unter Mühe zu bewältigen. Damit sind auch die Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte und das Kundenzentrum Lokstedt im Niendorfer Zentrum nur schlecht zu erreichen.
Daher war die Verwaltung auf Antrag der SPD-Fraktion gebeten worden, zu prüfen, ob in diesem Bereich eine Beförderungsmöglichkeit durch Zivildienstleistende mit Schulbussen zu den umliegenden Haltestellen möglich sei (Drs. 1212/XVIII). Dies konnte scheinbar nicht umgesetzt werden. Der Bedarf nach einer verbesserten Nahverkehrsanbindung an das Stadtteilzentrum besteht jedoch fort.
Mit der Drs. 20-0423 hatte die Bezirksversammlung Ende 2014 abermalig darum gebeten, mit dem Hamburger Verkehrsverbund (HVV) zu erörtern, wie die ÖPNV-Anbindung des Gebiets Niendorf-Ost zwischen Garstedter Weg und dem Flughafen-Gelände an das Niendorfer Zentrum verbessert werden könnte. HVV und Behörde hatten hierzu im März 2015 ausgeführt, dass „entsprechend den geltenden Kriterien zur Erschließung und zu Haltestelleneinzugsbereichen die meisten Siedlungsflächen östlich des Garstedter Wegs durch die dort gelegenen Haltestellen der Buslinie 191 ausreichend erschlossen“ seien und die „Haltestelleneinzugsbereiche einen Großteil des Siedlungsgebiets bis in etwa zu einer Linie entlang Fuhlsbüttler Weg, Teutonenweg und Raheweg [sic] abdecken würden, so dass nur wenige kleine Siedlungsbereiche östlich davon (insbesondere Nienkamp, Engernweg und Brookkampsweg mit Nebenstraßen sowie der Bereich Gotenweg, Bayernweg und Ostfalenweg) außerhalb der Einzugsradien der Haltestellen liegen“ würden. Die Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner in diesen Bereichen und damit auch das Potenzial an Nutzerinnen und Nutzern für Angebote des ÖPNV sei, auch angesichts der dort vorherrschenden Bebauungsdichte, eng begrenzt. Zudem wurde ausgeführt, dass Ausbauzustand, Breite und Beschaffenheit einen Busverkehr nicht zulassen würden und zudem geeignete Wendemöglichkeiten und Haltestellenstandorte (z.B. weil keine befestigte Nebenflächen vorhanden sind) fehlen würden. Diese Einschätzung würde bereits einen möglichen Einsatz von kleineren Fahrzeugen berücksichtigen.
Das Thema der mangelhaften Anbindung des östlichen Niendorfs hat auch in der Folgezeit immer wieder die lokale Politik erreicht und beschäftigt, denn nach wie vor wurde das Ziel des HVV, dass jeder Fahrgast nicht mehr als fünf Minuten von seiner Wohnung zu einer Haltestelle gehen muss, in Niendorf-Ost nicht erreicht. Auf dem Stadtteil-Workshop „Niendorf gemeinsam gestalten“ im Mai 2017 wurde von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten, gegenüber Behörde und Bezirk erneut das Thema vorzubringen und Möglichkeiten prüfen zu lassen, wie eine bessere Anbindung ermöglicht werden kann. Vorgeschlagen wurden Klein-Busse oder HVV-Modelle wie das Anruf-Sammel-Taxi (AST) und das Anruf-Sammel-Mobil (ASM) im Bergedorfer Raum.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die zuständige Fachbehörde:
Welche Möglichkeiten sieht die Fachbehörde, Klein-Busse oder HVV-Modelle wie das Anruf-Sammel-Taxi (AST) und das Anruf-Sammel-Mobil (ASM) im Bergedorfer Raum auch in Niendorf-Ost (Bereich zwischen Garstedter Weg und Flughafen, Burgunderweg/Hasenheide und Swebenweg) einzuführen? (Bitte erläutern).
Die Stadt Hamburg ist nicht einheitlich städtisch geprägt. Vielmehr findet sich auf dem Gebiet des Stadtstaates Hamburg eine Vielfalt unterschiedlicher Strukturen, die von ländlich geprägten Räumen bis zu hoch verdichteten Kerngebieten reicht. Diesem Umstand trägt das Angebotskonzept des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) Rechnung. Der HVV-Bedienungsraum ist in drei Bereiche untergliedert. Das Kerngebiet (inneres Stadtgebiet) umfasst die Stadtteile im 3- bis 5-km-Radius um das Hamburger Rathaus. Das städtisch strukturierte Gebiet enthält die angrenzenden Teile mit durchgehend geschlossener Bebauung höherer Dichte. Bei durchgehend etwa gleicher Bebauungsdichte beidseits der Hamburger Stadtgrenze werden die dichter bebauten Umlandflächen dem städtisch strukturierten Gebiet zugerechnet. Das ländlich strukturierte Gebiet ist locker bebaut, teilweise auch landwirtschaftlich genutzt und erstreckt sich auf die übrigen Gebiete beiderseits der Stadtgrenze. Hier ist die Nachfrage im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) insgesamt gering, so dass ein ÖPNV-Grundangebot weitgehend ausreicht. Niendorf ist ein Stadtteil, der nicht nur durch verdichteten Geschosswohnungsbau geprägt ist, sondern über weite Räume mit einer aufgelockerten Einzel- und Reihenhausbebauung besiedelt wurde. Zu diesen Gebieten gehört auch der Raum östlich des Garstedter Wegs. Das hat Auswirkungen auf die Gestaltung des ÖPNV-Angebots. Die in diesem Raum vorhandenen Erschließungsstraßen sind nicht für einen regelmäßigen Busverkehr mit Standardlinienbussen geeignet. Der Busverkehr wird deshalb auf den Haupterschließungsstraßen abgewickelt. Für das östliche Niendorf ist diese Haupterschließungsstraße der Garstedter Weg. Dort betreibt die Hamburger Hochbahn AG (Hochbahn) die Buslinien 191 und 604, die gemeinsam eine ganztägige Bedienung an allen Wochentagen anbieten. Während der Hauptverkehrszeiten verkehrt die Linie 191 alle 10 Minuten, zu den übrigen Tageszeiten alle 20 oder 40 Minuten. Unter der Woche verkehrt nachts die Linie 604 alle 30 bzw. 60 Minuten. Die Haltestellenabstände bewegen sich zwischen 400 und 600 Metern. Die längsten Fußwege von der Wohnung zur nächstgelegenen Haltestelle betragen rd. 700 m. Insgesamt entspricht das ÖPNV-Angebot den in vergleichbaren Gebieten der Stadt Hamburg üblichen Standards.
Allerdings gibt es in Hamburg auch Gebiete, in denen die Nachfrage nach ÖPNV-Leistungen so gering ist, dass sich ein Angebot mit Standardlinienbussen nicht trägt. Um auch dort noch ein ÖPNVAngebot aufrecht zu erhalten, wird z.B. in Bergedorf in den Vier- und Marschlanden ein Anruf- Sammel-Taxi-Verkehr angeboten. Allerdings ist der Zustieg zum Anruf-Sammel-Taxi nur an den vorhandenen Bushaltestellen möglich. Ziel dabei ist es, bei sehr geringer Nachfrage noch ein ÖPNVAngebot aufrecht zu erhalten. In Niendorf hingegen trägt sich der klassische ÖPNV, sodass von derartigen Maßnahmen, wie zum Beispiel dem Anruf-Sammel-Taxi, abgesehen wird.
Die Informationstechnologie hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Sie ermöglicht neue Mobilitätsangebote, wie z.B. ride-sharing, die derzeit weltweit erprobt werden. Auch die Hochbahn wird sich an dieser Entwicklung beteiligen und in Kooperation mit privaten Anbietern Modelle der geteilten Mobilität erproben. Sollten diese Modelle erfolgreich sein, können sie gegebenenfalls die Lücke zwischen klassischem ÖPNV und Individualverkehr schließen.