Stellungnahme nach § 28 BezVG zur geplanten öffentlich-rechtlichen Unterbringung an der Kollaustraße 15

Im vergangenen Jahr wurden über eine Million Menschen registriert, die nach Deutschland geflohen sind. Auch wenn in den ersten Monaten dieses Jahres zum Teil saisonbedingt die Flüchtlingszahlen erst einmal deutlich geringer sind, kann daraus noch nicht sicher ein Trend für das gesamte Jahr abgeleitet werden. Einstweilen gehen die öffentlichen Stellen auch für das Jahr 2016 aus Vorsicht davon aus, dass eine ähnlich große Zahl von Flüchtlingen Schutz in Hamburg sucht. Die Freie und Hansestadt Hamburg ist nach § 44 Asylgesetz bundesgesetzlich verpflichtet, im Verbund der Länder in bestimmtem Umfang für die vorübergehende und längerfristige Unterbringung von Flüchtlingen zu sorgen. Dafür müssen neue Aufnahmeeinrichtungen sowie Folgeunterkünfte geschaffen werden. Der Senat geht einstweilen davon aus, dass in diesem Jahr weitere etwa 40.000 Unterbringungsplätze bereitgestellt werden müssen. Insgesamt wird ein Bedarf von ca. 79.000 Unterbringungsplätzen prognostiziert. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass es im April über 4.000 Menschen in den zentralen Erstaufnahmen gibt, die eigentlich Plätze in Folgeunterkünften erhalten müssten, diese aber mangels entsprechender Kapazitäten nicht erhalten. Darüber hinaus ist erkennbar, dass aufgrund von Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, die Planungen für schnelles Bauen für Flüchtlinge an einzelnen Standorten zum Teil erheblich verringert werden, ohne dass schon ausreichend Alternativflächen zur Verfügung stehen. Daraus lässt sich erwarten, dass der Bedarf an Folgeunterkünften in mobiler Bauweise auch bei einer geringeren Zahl von Schutzsuchenden in Hamburg weiterhin für einen längeren Zeitraum erheblich bleibt.

Die Suche nach geeigneten Standorten gestaltet sich zunehmend schwierig – insbesondere im dichtbesiedelten Bezirk Eimsbüttel. Wie nun im Anhörungsschreiben mitgeteilt wurde, beabsichtigt die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI), an der Kollaustraße 15 eine öffentlich-rechtliche Unterbringung mit 168 Plätzen für Geflüchtete und Wohnungslose in insgesamt sieben Modulen zu errichten. Die Eimsbütteler Bezirksversammlung kann zu diesem Vorhaben nach § 28 BezVG Stellung nehmen.

Petitum

Die Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, der BASFI in ihrer Stellungnahme zur geplanten öffentlichen Unterbringung an der Kollaustraße 15 mitzuteilen:

  • Vor dem Hintergrund der Flüchtlingszahlen ist sich die Bezirksversammlung Eimsbüttel der Notwendigkeit weiterer Standorte für die öffentlich-rechtliche Unterbringung bewusst und unterstützt das Vorhaben, weitere Unterbringungskapazitäten zu schaffen. Zugleich wird erneut auf die Ballung von Flüchtlingsunterkünften (ZEAs und Folgeunterbringungen) im Bereich Niendorf-Süd/Lokstedt hingewiesen und darum gebeten, dies bei der weiteren Standortsuche zu berücksichtigen.
  • Im Umfeld des geplanten Standortes engagieren sich bereits zahlreiche Menschen, um die Geflüchteten, die in den Stadtteilen Niendorf und Lokstedt untergebracht wurden, zu unterstützen. Die BASFI wird daher gebeten, weiterhin ausreichend Personalressourcen sowie finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um das freiwillige Engagement zu koordinieren und zu befördern.
  • Die Bezirksversammlung erachtet auch für die Standorte von Flüchtlingsunterkünften, die nicht als Unterkünfte mit der Perspektive Wohnen errichtet werden, Begleitmaßnahmen zur sozialräumlichen Integration, wie sie in Bürgerschaftsdrucksache 21/2550 beschrieben werden, als notwendig. Der Senat wird daher aufgefordert, entsprechende Maßnahmen anzustoßen und dem Bezirk ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen zur Umsetzung bereitzustellen. Hierbei sind bei der Planung der Maßnahmen die Anwohnerinnen und Anwohner und die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Unterstützer/innen und soweit auch möglich die Geflüchteten zu beteiligen. Die bezirklichen Gremien sind über die Umsetzung zu informieren.
  • Der Senat wird gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass ausreichend Basisklassen (ABC-Klassen/Alpha-Klassen) und internationale Vorbereitungsklassen (IVK) für geflüchtete Kinder- und Jugendliche in der Nähe angeboten werden. Dies betrifft insbesondere auch IVK für Schüler ab Klasse Sieben, die derzeit nicht im Bezirk Eimsbüttel angeboten werden. Ebenfalls sollten die Kapazitäten soweit aufgebaut werden, dass die Möglichkeit eines zweiten Jahres in den Vorbereitungsklassen auch praktisch realisiert werden kann. Die Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB wird aufgefordert), dafür Sorge zu tragen, dass die Schüler*innen nach Möglichkeit nach der Basisklasse oder der IVK an dieser Schule bleiben können.“ Auch sollten IVK und Basisklassen auch an Gymnasien eingerichtet werden. Die Behörde für Schule und Berufsbildung  sollte den anliegenden Schulen entsprechende flexible Kapazitäten bereits zeitnah ermöglichen, um bei kurzfristigen Bedarfen angemessen reagieren zu können. Der Verweis auf freie Kapazitäten in anderen – zum Teil weiter entfernten Stadtteilen – hält die Bezirksversammlung für das Ziel der Integration und Akzeptanz von Standorten für nicht geeignet.
  • Die BASFI und das Bezirksamt werden gebeten, Anwohner sowie benachbarte Einrichtungen, Institutionen, Vereine, Kirchen und Gewerbetreibende zeitnah über das Vorhaben zu informieren. Die ehrenamtlichen Unterstützer der anderen Standorte im Umfeld der neuen Einrichtung sollen ebenfalls frühzeitig informiert und einbezogen werden. Zudem sollen Anwohnern und ehrenamtlichen Helfern vor Inbetriebnahme konkrete Ansprechpartner beim Betreiber der Einrichtung (fördern & wohnen) benannt werden.
  • Die Bezirksversammlung Eimsbüttel sieht mit dem Ausbau der Kapazitäten der öffentlich-rechtlichen Unterbringung als prioritär an, die derzeitige Unterbringung in prekären Unterkünften / Notunterkünften bspw. in Hallen alsbald zu beenden und bittet die BASFI dies zu berücksichtigen. Vorrangig betrifft dies die Notunterkunft in den ehemaligen Tennishallen an der Papenreye.
  • Die Bezirksversammlung Eimsbüttel weist darauf hin, dass diese Stellungnahme nur eine grundsätzliche Äußerung zu den Planungen an dem Standort darstellt und damit keine Entscheidung oder Bindung zu anderen Verfahren in der Sache einhergeht, insbesondere die Bau- und die Fällgenehmigung werden in gesonderten Antragsverfahren zu gegebener Zeit von den Gremien der Bezirksversammlung Eimsbüttel behandelt und ggf. entschieden.

Rüdiger Rust, Ernst Christian Schütt, Jutta Seifert, Gabor Gottlieb und SPD-Fraktion
Lisa Kern, Dietmar Kuhlmann, Volker Bulla und Grüne-Fraktion